TRAUSCHAUWEM

2008

In der Serie Trauschauwem erscheint die männliche Figur als Hase (Verkleidung als Überlebensstrategie?), die weibliche Figur in verschiedenen herausfordernden Posen und Situationen, mal als Verführerin, mal als Opfer, das Leben als Spiel mit vielen Variablen, wobei Witz und Ironie die Hintergründigkeit aufmischen.

Begierde - Verführung - Obsession, eine Gratwanderung zwischen Realität und Fiktion

Trauschauwem III
Trauschauwem IV
Trauschauwem 18

"Gewöhnlich gilt der Hase als Inbegriff der Friedlichkeit. Der Hase als wohl gekleideter Herr hingegen, der sich raumgreifend neben einem Mädchen dehnt, übt eine eigenartige Irritation aus. Seine Friedlichkeit ist von etwas anderem unterlaufen, aber erst, wenn man länger hinschaut, bemerkt man, wovon. Es steckt latente Bedrohung und Gewalt in diesen Hasenmännern. Sie tritt nicht plump zum Vorschein; sie lauert. Und das macht sie in einem genauen Sinn des Wortes unheimlich. „Unheimlich“ nennen wir ein Fremdes, das uns gleichwohl vertrauter ist, als wir möchten. Man kennt, was einen aus den Hasenmännergesichtern anschaut, weil man damit seine ganz eigene unliebsame Bekanntschaft gemacht hat. Aber gerade dadurch werden die Hasenbilder auch zu Bildern des Betrachters. Sie öffnen sich ihm. Er kann sie mit seinen Erfahrungen besetzen, ohne die Erfahrungen kennen zu müssen, die die Malerin gemacht hat. Und doch darf man das Bild, wo das Mädchen mit angeschnittenem Gesicht wie eine zerbrochene Puppe auf dem Boden liegt, während der mit Aktentasche und Mantel ins Weite schreitende Hasenherr ihr den Rücken zukehrt, getrost als Nachhall und Chiffre heftigster Erfahrungen lesen. Als verborgene wirken sie freilich stärker als sie es je könnten, wenn sie detailliert ausgebreitet würden.

Dennoch ist das Unheimliche nur eine Dimension in diesen Bildern. Die Assoziation von Kind und Hase hört andrerseits nicht auf, ein Sinnbild befriedeter Natur zu ergeben. Bei Franek ist dies Sinnbild zwar gelegentlich bis an den Rand der Unkenntlichkeit getrübt, aber nie vollends ausgelöscht. Es zieht sich wie eine hauchfeine utopische Firnisschicht über den unheimlichen Untergrund. Denn „Trauschauwem“ heißt immer auch: Eigentlich möchte ich trauen können, ohne schauen zu müssen, wem. Und wo wäre die Sehnsucht danach besser aufgehoben als in der Vorstellung davon, wie Kind und Tier zwanglos miteinander spielen?"

Christoph Türcke: Der Hase und das Mädchen. In: FRANEK PLOTPOITS, (Hg) Städtische Kundtsammlungen Salzgitter

Trauschauwem II
Trauschauwem 2
Trauschauwem 3