WALLPAPER PAINTINGS
2009
In FRANEKs Rollbildserie Kinderspiele-paradiesisch erscheint eine filigrane und farbige Pflanzen- und Tierwelt. Papageien und Lilien, Insekten und Kürbisgewächse sowie tropischeTiere und Pflanzen bevölkern blaue, rote, gelbe und schwarze Flächen. Sie suggerieren einen Phantasieraum, der an die flämischen, französischen und burgundischen Tapisserien und Blumenteppiche aus dem 15./16. Jahrhundert erinnert.3 Ihnen ähnlich konterkariert FRANEK den Raum, indem sie weißgraue weibliche und männliche Figuren vor und hinter die Struktur der flächigen Flora und Fauna malt. In lieblicher Manier hockend und stehend, halten die Mädchen und Jungen Pistolen und Gewehre in den Händen. Manche von ihnen tragen Masken vor den Augen. Ein Mann in dunklem Anzug ist von hasenköpfiger Physiognomie. In das Bild hineinragend oder aus ihm herausfallend erzeugt das paradiesische Kinderspiel eine doppelte Konnotation. Tatsächlich handelt es sich hier um Tapete mit gedruckten Mustern, die als Material bereits ein Bild transportiert, dem die Künstlerin zusätzlich ein gemaltes Kompendium an Figuren einschreibt.4 Gedrucktes und gemaltes wie literarisches und bildhaftes Material durchkreuzen sich dabei. Das Einhorn aus Kinderspiele-paradiesisch 9 erinnert an die Teppiche im Musée de Cluny von Paris (Musée de Moyen Age) und bezieht sich auf den Zyklus der La Dame à la Licorne (Dame mit dem Einhorn).5 Nicht weniger bedeutend ist die Einbindung der Figuren in das homogene Tapetendekor. Sich dieses bemächtigend „nisten“ sich die jagenden, schießenden und kauernden Jugendlichen selbstsicher in den Bildraum ein. Die Möglichkeit des lächelnden stehenden Mädchens, das die Mündung der Waffe auf den Betrachter gerichtet hat, den Abzug zu drücken und zu schießen, beweist, dass Kinderspiele doppelbödig paradiesisch sind.
Verena Titze in "ausgeräumt", Hg: Kunstverein Markdorf 2011